Weinberg
Weinanbau am Böddiger Berg in Felsberg - 20 km südlich von Kassel am Ufer der Eder.
Gewiss eine Rarität, dass soweit im Norden oberhalb des 50. Breitengrades ein guter Tropfen - zugehörig zum Anbaugebiet "Rheingau" - gedeiht. Mit Sicherheit wurde jedoch bereits in früheren Jahrhunderten Wein in unseren Regionen angebaut und erzeugt, wie nicht nur Aufzeichnungen aus dieser Zeit beweisen, sondern auch Flur- und Gemarkungsbezeichnungen.
Anfang der 50iger Jahre wurde diese Tradition von dem Bauunternehmer Georg Angersbach wieder aufgegriffen. Gegen anfangs starke Skepsis vom Staatlichen Weinbauamt in Eltville wählte er eine Hanglage in Südwestrichtung der Gemarkung Böddiger, legte Terrassen an und bewehrte sie mit Betonplatten, um günstige Bedingungen im rauen, nordhessischen Klima zu erreichen. Der von ihm geerntete Wein aus den Sorten Riesling, Ehrenfelser und Müller-Thurgau zeichnete sich durch fruchtige Frische aber auch herbe Säure aus, so dass man ihn oft den "Dreimänner-Wein" nannte. Nichtsdestotrotz gewann er viele Freunde, zumal trockene Weine immer beliebter wurden und Angersbachs eigens eingerichtetes Weingut mit dazu gehöriger Gastronomie war mehr als nur ein "Geheimtipp".
TV-Bericht vom hr zum Weinberg Böddiger Berg, ausgestrahlt am 02.06.2022
Wissenswertes
Rückschläge, vor allem witterungsbedingte Ernteausfälle blieben nicht aus, so dass Angersbach in finanzielle Probleme geriet. Nach dem Tod des Gründers in 1979 wird das Weingut in 1990 von der Drogenhilfe Nordhessen e. V. mit Hilfe des Hessischen Sozialministeriums als Therapieeinrichtung genutzt.
Der Weinbau wurde zunächst eingestellt und wäre unwiderruflich beendet gewesen, hätte sich nicht ein „Förderverein Böddiger-Berg e. V." etabliert, der rd. 2 ha des bestockten Terrains anpachtete und (gemeinsam mit dem Sohn des früheren Besitzers) diese Fläche weiter ökologisch bewirtschaftete. Der Verein besteht seit 1993 und hat zzt. 19 Mitglieder, wobei es sich überwiegend um ortsansässige Unternehmen handelt. Vorsitzender ist Felsbergs Ehrenbürgermeister Klaus Stiegel.
Vorherrschende Rebsorte bei der übernommenen Fläche ist der "Ehrenfelser". Allerdings wurden schon "Riesling" und "Kerner" nachgepflanzt. Die Rebsorte Ehrenfelser ist eine Kreuzung zwischen einem Riesling und einem Silvaner. Bewirtschaftet wird eine Rebfläche von ca. 1,4 ha. Die mengen- und qualitätsmäßige Ausbeute ist natürlich stark abhängig von den Witterungsbedingungen - insbesondere frühen oder späten Frösten - und der Güte - sprich Sonnenintensität - der Monate August und September/Oktober. Erzeugt wird zwar überwiegend Wein - aber auch Sekt und "Brannt" wurden schon hergestellt.
Weinlese und mehr
Der Wein wird nach der Lese unverzüglich zum Hessischen Staatsweingut in Eltville verfrachtet und dort gekeltert, ausgebaut und auf Flaschen abgefüllt. Die Lese wird - zumeist unter starker Anteilnahme durch Fernsehen, Rundfunk und Presse - von freiwilligen Helfern durchgeführt, die gegen eine gute Verpflegung und 2 Flaschen Böddiger Berg als Entlohnung die Gelegenheit nutzen, an dem einmaligen Gemeinschaftserlebnis in Hessens nördlichstem Weinberg teilhaben zu können.
Mit dem Original - Böddiger Berg erhalten Sie ein naturreines, auf ökologischer Basis herangewachsenes Produkt, das seine Eigenart und individuellen Eigenschaften bis ins Glas bewahrt und ein genussvolles Trinkerlebnis bereitet. Das als blassgelb beschriebene Tröpfchen kann seine Herkunft - gewachsen auf nordhessischem Lava-Basaltgestein- Boden - nicht verleugnen. Gradlinig im Ausdruck, mit feinem Säurespiel überrascht der Wein durch fruchtige Frische und einem harmonisch ausgewogenen Verhältnis von Trockenheit und Restsüße.